Donnerstag, Mai 22, 2008

Latentwärmespeicherung

Phase Change Material PCM

Ideenanstoss

„GlassX – Eine Innovation aus dem Rheintal.“ Dies waren die Worte von Architekt Beat Kämpfen an der Besichtigung des Marché international Support Office der Seminarreise im Januar 2008 mit der HSZ-T.
Bei diesem Bürogebäude auf der Autobahnraststätte Kemptthal wurde auf Ökologie und Energieeffizienz höchsten Wert gelegt. Das Haus ist das erste bilanzierte Nullenergie-Bürogebäude der Schweiz. Auf der Südfassade kommen die GlassX-Elemente, entworfen von Architekt Dietrich Schwarz aus Domat / Ems, zur Anwendung. Diese Innovation war für mich völlig neu und hat mich inspiriert weiter in dieser Richtung zu recherchieren.
In diesem Blog möchte ich mich im Allgemeinen mit latenter Wärmespeicherung auseinandersetzen und das Produkt GlassX näher betrachten.

Was ist Latentwärmespeicherung?
Ein Latentwärmespeicher ist eine Einrichtung, die thermische Energie verborgen (latent vom Lateinischen latere = verborgen sein), verlustarm, mit vielen Wiederholzyklen und über lange Zeit zu speichern in der Lage ist.
Die Ausnutzung des Phasenübergangs fest-flüssig ist dabei das am häufigsten genutzte Prinzip. Beim Aufladen kommerzieller Latentwärmespeicher werden meist spezielle Salze oder Paraffine als Speichermedium geschmolzen, die dabei sehr viel Wärmeenergie, die Schmelzwärme, aufnehmen. Da dieser Vorgang reversibel ist, gibt das Speichermedium genau diese Wärmemenge beim Erstarren wieder ab.



Funktionsweise
Der Vorteil dieser Wärmespeichertechnik beruht darauf, in einem durch die Schmelztemperatur des eingesetzten Speichermaterials genau festgelegten Temperaturbereichs, möglichst viel Wärmeenergie in möglichst wenig Masse zu speichern. Diese zeigen in der Regel jedoch weit geringere Speicherdichten. Bei der Einspeicherung von Wärme in das Speichermaterial beginnt dieses bei Erreichen der Temperatur des Phasenübergangs zu Schmelzen und erhöht dann, trotz weiterer Einspeicherung von Wärme, seine Temperatur nicht bis das Material komplett geschmolzen ist. Erst dann tritt wieder eine Erhöhung der Temperatur auf (rote Kurve ).



Recherche – Zielsetzung und Marktchancen von PCM
Latentwärmespeicherung mittels Phasenwechselmaterialien ist ein seit einigen Jahrzehnten untersuchtes Forschungsgebiet. Trotz der unübersehbaren Vorteile dieses Speicherverfahrens steckt die industrielle Umsetzung grösstenteils noch in den Kinderschuhen. Sieht man von Kältespeichern ab, so gibt es weltweit nur etwa ein bis zwei Dutzend Unternehmen, die sich mit der Produktion von PCM-Produkten beschäftigen. Die Zielsetzung eines PCM-Zwischenprodukts soll folgenden Anforderungen genügen:

• chemische und physikalische Stabilität
• Zyklenstabilität
• bessere Handhabung
• keine äussere Volumenänderung
• erhöhter Wärmetransport


GlassX – das Produkt
Eine Schicht von Salzkristallen speichert die Wärme der einstrahlenden Sonne, gibt diese bei Bedarf an den Innenraum ab. Ein zusätzlich implementiertes Prismenglas lässt die Sonnenstrahlung nur bei flachem Einstrahlungswinkel passieren (also im Winter) und schützt sonst den Raum vor Überhitzung. Auf diese Weise entsteht ein Bauelement, das die Kraft der Sonne nutzt, speichert und zugleich vor ihr schützt.



GlassX integriert  vier Systemkomponenten in einer funktionellen Einheit: Transparente Wärmedämmung, Überhitzungsschutz, Energieumwandlung, thermischer Speicher. Ein 3-fach Isolierglasaufbau sorgt für eine exzellente Wärmedämmung mit einem U-Wert von unter U=0,5 W/m2K. Ein in den Scheibenzwischenraum implementiertes Prismenglas reflektiert die hoch stehende Sommersonne mit Einfallswinkeln über 40° nach Aussen. Die Wintersonne hingegen passiert in voller Intensität den Sonnenschutz. Zentrales Element von GlassX ist ein Wärmespeichermodul, das die solare Energie aufnimmt, speichert und zeitverzögert als angenehme Strahlungswärme wieder abgibt. Als Speichermaterial wird ein Salzhydrat verwendet. Die Wärmespeicherung erfolgt durch Aufschmelzen der Flüssigkeit, beim Abkühlen wird die gespeicherte Wärme wieder abgegeben. Das Salzhydrat ist in Polycarbonatbehältern hermetisch eingeschweisst. Raumseitig wird das Element durch ein 6 mm Einscheiben-Sicherheitsglas abgeschlossen, das gestalterisch behandelt werden kann.



Reflexion des Lernprozesses
Neben der zuvor beschriebenen bauphysikalischen Eigenschaften sehe ich vor allem ein grosses Potential der gestalterischen Möglichkeiten für uns Architekten. Wie oft werden in Bauten transparente oder halbtransparente Materialien gewünscht oder vorgeschlagen. Kann ein solches Material gleichzeitig auch energetisch genutzt werden erhöht dies die Einsetzbarkeiten. Auf der anderen Seite ist es spannend, eine Gebäudehülle zu haben, welche sich über den Tag in dessen Ausdruck ändert. Die Faszination des Wechsels des Aggregatszustandes am eigenen Fenster mitverfolgen zu können verblüfft mich.



Gleichzeitig muss aber auch erwähnt werden, dass zurzeit die Mehrkosten gegenüber einem konventionellen Glas erheblich sind. Gemäss Angaben Kämpfens liegen diese beim Faktor vier. Aber braucht es doch immer innovative Firmen und Persönlichkeiten, welche in die Zukunft investieren und ein solches Produkt massentauglich machen.


Reto Eberhard
22. Mai 2008



Quellenangabe
Vortrag Beat Kämpfen
Wikipedia
www.glassx.ch