Sonntag, April 12, 2009


NATÜRLICH BELÜFTETE KLASSENZIMMER


"Der Minergie-Standard erfordert eine kontrollierte Lüftung der Gebäude. Dies führt dazu, dass neue Schulhäuser heute fast ausschliesslich mit einer mechanischen Lüftung ausgestattet werden.“ 

Minergie bedeutet mechanischen, kontrollierte Lüftung, vor allem nach der Revision die seit dem Frühjahr 2009 in Kraft getreten ist. Da der Trend zu weniger Stromverbrauch, möglichst kompakten Gebäuden und Energie effizientem Bauen durch die mechanische Lüftung überhaupt nicht unterstützt wird ist es spannend eine Möglichkeit aufzuzeigen die ohne grossen Verbrauch und Aufwand funktioniert.

Bis heute wurden in der Schweiz noch keine solche Bauten die über Lüftungsflügel gelüftet werden als Minergie-Label zertifiziertes Gebäude realisiert worden. Mit der neuen Norm, die 2009 in Kraft tritt, wird es theoretisch auch nicht möglich sein ein solches Gebäude zertifizieren zu lassen, weil Minergie eine mechanische, kontrollierte Lüftung vorschreibt. Es stellt sich die Frage ob Minergie überhaupt mit Energie effizientem Bauen in Verbindung gebracht werden kann oder ob Minergie einfach einen gewissen Standard des Bauens bedeutet.

Bei den bereits realisieten Projekten (vor allem in Luxenburg) handelt sich um fast nur Massivbauten. Die Schwierigkeit bei der Leichtbauweise besteht darin nicht genügend Baumasse um den Mehrbedarf an Temperatur während den Lüftungsphasen zu kompenzieren. Simulationen zeigen jedoch das dies auch bei Leichtbauweise durchaus möglich sein kann.

„Durch die hohe Personendichte in Klassenzimmer sind grosse spezifische Luftmengen erforderlich. Damit eröffnet sich unweigerlich ein Spannungsfeld zwischen der angestrebten Luftqualität und dem dafür erforderlichen Stromverbrauch für die Luftförderung. Um einen unverhältnismässig hohen technischen Aufwand zu vermeiden, müssen häufig unbefriedigende Kompromisse gemacht werden. Ein natürliches Lüftungskonzept mittels motorisierter Lüftungsflügel (was grundsätzlich ebenfalls Minergie-konform ist) bietet einen wesentlich bessere Alternative und sorgt dafür, dass die Niedrigenergie-Schulhäuser auch halten, was sie versprechen: optimalen Raumkonfort bei minimalem Energieverbrauch. Geeignete dynamische Simulationen helfen zu erklären, wieso das Konzept funktioniert.

 

 Abb. 1, Lüftungsflügel

 

Fensterlüftung für den Schulbetrieb gut geeignet  Schulhäuser weisen klar definierte Nutzungs- und Pausenzeiten auf, die sich ausserordentlich gut für periodische Stosslüftungen eignen. Schüler und Lehrer erhalten die Gelegenheit, regelmässig durch das Öffnen der Fenster Kontakt mit der Umwelt herzustellen, was auch pädagogisch wertvoll sein kann. Durch die Möglichkeiten zur direkten und unmittelbaren Einflussnahme der Nutzer auf ihr Raumklima erfreuen sich natürliche Lüftungskonzepte erfahrungsgemäss breiter Akzeptanz. die entsprechend hohe Nutzerzufriedenheit konnte beispielsweise in einer breit angelegten Studie vom Fraunhofer-Institut eindrücklich nachgewiesen werden.“

Simulationen  Bei einer Simulationen können folgende Antworten gefunden werden:

_ Wie verhält sich das Klassenzimmer im Normalbetrieb?

_ Wie gross ist der Wärmeverlust bei einer Stosslüftung?

_ Wie wird der Wärmeverlust kompensiert?

_ Welche Heizleistung wird benötigt bzw. ist sinnvoll?

_ Welcher Luftwechsel wird mit den Stosslüftungen in den Pausen erreicht?

_ Wie verhalten sich die CO2-Konzentrationen der Raumluft?

_ Was könnte bei Bedarf mit zusätzlichen Lüftungen während der Lektionen erreicht werden?

 

 Abb. 2, Simulationsmodell eines Klassenzimmers

 

 Abb. 3, Wärmeleistung

 

 Abb. 4, Temperaturverlauf

 

Heizleistungsbedarf  „Während der Lüftungszeiten in den Pausen wird über die Luft viel Wärmeleistung an die Umgebung abgeben. Dies führt aber nicht zwangsläufig zu einem hohen Leistungsbedarf der Heizkörper. Das Wiederaufheizen der kalten Frischluft während und unmittelbar nach den Pausen erfolgt im Wesentlichen passiv durch die Umschliessungsflächen mit Hilfe der in der Gebäudemasse eingespeicherten Wärme.

Raumkomfort  Bereits durch das Öffnen weniger Lüftungsflügel kann der gemäss sia erforderliche minimale Aussenluft-Volumenstrom von 15m3 pro Stunde und Person erreicht werden.

Energieverbrauch  Trotz scheinbarem Vorteil der mechanischen Lüftung, die Wärme aus der Abluft rückgewinnen zu können, schneidet bei Schulhäusern das natürliche Lüftungskonzept auch energetisch wesentlich besser ab. Der Verbrauch der Antriebe der Lüftungsflügel kann gegenüber demjenigen der Ventilatoren einer mechanischen Lüftungsanlage vernachlässigt werden. Wie die Simulationen zeigen, erfolgt bei der Fensterlüftung die Erwärmung der Frischluft im Raum mehrheitlich mit Wärme aus der Gebäudemasse. Darin gespeichert ist die überschüssige interne Abwärme (von Personen und Sonne), die damit passiv genutzt wird. Da die natürliche Lüftung nur bei Bedarf erfolgt, werden ungenutzte Räume nicht unnötig gelüftet. Damit wird nicht nur zusätzlich Energie eingespart, sondern auch verhindert dass die Räume im Winter austrocknen.

Fazit  Das natürliche Pausen-Lüftungskonzept durch motorisierte Lüftungsflügel kann für den Schulbetrieb grundsätzlich als sehr geeignet erachtet werden. Der grosse Vorteil von Stosslüftungen in den Pausen ist, dass durch die ausserordentlich hohen Luftwechsel mit hoher Lüftungseffizienz die Luftqualität insbesondere auch nach den Pausen beim eintritt der Schüler in das Schulzimmer sehr gut ist und sich die Luft durch die leichte Unterkühlung frisch anfühlt. Die CO2-Konzentrationsspitzen sind relativ moderat und treten jeweils nur sehr kurzfristig auf.“

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass sich der Bauauftraggeber bei einer kontrollierten Lüftung über Lüftungsflügel leider gegen das Minergie-Label entscheiden muss. Obwohl diese Lüftungsart ja sehr zukunftsorientiert ist und für einen umweltbewusste Bauauftraggeber sehr spannend sein kann.

 

dominique.tschudin@mac.com

 

Quellen:

_ Magazin Haustech, März 2009, Nr. 3

_ Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., München

_ Minergie, Schweiz

1 Comments:

Blogger Haustechnik HSZ-T said...

Leider sind die Bilder und Statistiken nicht ersichtlich. Deshalb gibt es nur auf ihren Text eine Rückmeldung. Sie schreiben, dass der Energieaufwand nach dem Stosslüften nicht hoch ist weil die Energie aus der Speichermasse des Gebäudes zur Verfügung steht. Ja schon, aber wie kam diese Energie in die Speichermasse? Nein, ich bin nicht einverstanden mit ihren Aussagen. Alle Studien die ich bis heute gesehen habe, zeigen deutlich auf, dass mit einer Komfortlüftung Netto- Energie gespart wird. Auch selbst, wenn die elektrische Energie gewichtet wird.
Ich habe, in der Zeitung, über ein Schulhaus in Winterthur gelesen, die auf motorisierte Fenster gesetzt haben- die Zufriedenheit ist schlecht- Schüler beklagen sich über Zugserscheinungen, zu kalte Luft etc.
Note: 5.

7:43 AM

 

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