Montag, Dezember 24, 2007

AWRG - die Lösung oder nur Problemverlagerung?

von Raffael Zwicky


Vorwort
Als Bestandteil der "viaGialla"-Theorie zur Lösung der Energieproblematik respektive deren Langzeitfolgen, hat mich auf die Abwasserwärmerückgewinnung (kurz AWRG) aufmerksam gemacht. Als Ausgangslage steht die Frage nach der Funktionsweise des Systems, dessen Potential, Vor- und Nachteilen dieser Technologie und die Auswirkungen bei einem grossflächigen Einsatz. Für mich bedeutet es die erste intensivere Beschäftigung mit AWRG - weder in meiner schulischen- noch beruflichen Laufbahn hat mich dieser Ansatz bisher tangiert.




Wieso sind AWRG-Anlagen sinnvoll?
Der Energiebedarf eines Haushaltes lässt sich unterteilen in Strom- und Wärmeenergie. Für den Betrieb der elektrischen Geräte im Haushalt wird Strom benötigt. Wohl hängt der Verbrauch von der Energieeffizienz der Gerät ab, er muss so oder so aber immer wieder neu zur Verfügung gestellt werden, da der Betrieb des Gerätes das Ziel ist. Die Wärmeenergie im Teilsystem (z.B. einem Haus) hingegen ist grundsätzlich immer gleich hoch und muss theoretisch einmal gestellt werden – das Ziel ist dessen Erhaltung. Praktisch ist es unmöglich ein Teilsystem zu einem geschlossenes System zu machen, wo die Gesetzte der Entalphie gelten würden – jedoch genau das ist das angestrebte Ziel. Der Energiefluss aus dem System hinaus wird primär ermöglicht durch die Leitfähigkeit der Aussenhülle oder durch zirkulierende Medien, deren Kreislauf sich über die Systemgrenze erstreckt. Solche Kreisläufe sind unumgänglich um Frischluft und -wasser bereit zu stellen. Um möglichst nahe an ein geschlossenes System zu kommen müssen alle drei Teile effizient gestaltet sein. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen wird aber schlechter, je näher man einem geschlossenen System kommt. Im Bereich der Aussenhülle und der WRG aus der Luft sind schon grosse Schritte getan. Die AWRG darf hier aber nicht vernachlässigt werden. Eine deutsche Studien haben nämlich ergeben, dass der komplette Wärmebedarf 5% aller Haushälter durch AWRG gedeckt werden könnte – bei optimierten System wohl noch deutlich mehr.




Wie funktioniert eine AWRG-Anlage?

Ein Wärmetauscher im Abwasser entzieht – analog der WRG aus der Abluft – dem Schmutzwasser Wärmeenergie und führt sie zurück ins System. In der „viaGialla“-Theorie soll nur das Dusch- und Badewasser genutzt werden. Ein solches System habe ich in keinem Fachbericht geschildert gesehen, wäre aber durchaus denkbar. Da dieses Abwasser sehr stark von der Tageszeit abhängt, wäre ein Abwassertank nötig, damit eine kontinuierliche Wärmeentnahme möglich wäre. Es ist weiter abzuwägen, ob es eher Sinn macht, das Sammelbecken und die AWRG-Anlage jedem Gebäude (also auch EFH) einzeln anzugliedern, oder in Überbauungen und Quartieren zentral zusammen zu ziehen. Dezentral hat den Vorteil der kurzen Wegdistanzen - das Abwasser verlässt den Dämmperimeter erst nach der Wämeentnahme. Dazu muss nur von der Dusche bis zum Auffangbehälter das Abwasser doppelt geführt werden. Bei einem Zentralen System wird nur ein AWRG-Gerät benötigt, das Sammelgefäss wird von mehreren Haushalten gespiesen, wodurch die Abwassermenge weniger starken Schwankungen unterworfen ist. Hier würden aber Mehrkosten bei den Leitungen anfallen und die Wärmeverluste auf dem Weg von Objekt zur AWRG-Anlage und zurück.


Das geschilderte System kommt dem Produkt der FEKA schon sehr nahe. Nach eigenen Angaben hat die Firma FEKA Energiesysteme bereits 200 AWRG-Anlagen umgesetzt. Diese bedienen sich dem gesamten Schmutzwasser und entziehen diesem in einem Retentionsgefäss die Wärme. Damit sich die aufwendige Anlage mit Fekalienfilter (wird einmal im Tag automatisch gereinigt) aber rentiert, müssen mindestens 20 bis 25 Haushälter angeschlossen sein. FEKA gibt als durchschnittliche Abwassertemperatur vor der AWRG 23°C an und nachher mit 5°C. Dieses Werte sind etwas fragwürdig, da die ARA-Betreiber eine Mindesttemperatur von 10°C benötigen, um das erforderliche Bakterienwachstum (bei Belebtschlammverfahren) in nützlicher Frist zu erzielen. Dazu schreiben die ARA-Betreiber bei der dritten Variante, der WRG aus kommunalen Abwasserleitungen vor, dass nur 0,5°K entzogen werden dürfen. Die FEKA hingegen gibt die Nutzbare Temperaturdifferenz mit 18°K an.


Die folgenden Angaben zur WRG in kommunalen Abwasserleitungen stammen aus einer Projektstudie zum Potenzial und Pilotprojekt zur Erhebung einer Standortkarte rund um die ARA Emmenspitz. In der Anlage Emmenspitz wird das Abwasser aus den Gemeinden Solothurn und Zuchwil gereinigt. Die Studie beschäftigt sich mit dem Potenzial der WRG vor und nach der ARA. Durch die Beschränkung der Temperaturdifferenz vor der ARA von 0,5°K ist das Potenzial nur gering. Ausserdem muss bei einem solchen System, dass kein Gefäss besitzt mit dem minimalen Abwasser-Durchfluss gerechnet werden. Massgebend ist die Abwassermenge bei Trockenwetter zwischen 22.00 und 06.00. Das Potenzial der Spitzen kann nicht genutzt werden. Nach der ARA hingegen ist der Wärmeentnahme nur eine technische Grenze gesetzt – unter 3°C würde der Wärmetauscher Gefahr laufen zu vereisen. Die Wassertemperatur nach der ARA Emmenspitz beläuft sich an 350 Tagen im Jahr über 9°C. Da In- und Output der ARA weitestgehend die selben sind, ist das Potenzial nach der ARA deshalb rund 12 Mal grösser als vorher. Dazu ist der Durchfluss keinen derart starken Schwankungen unterworfen. Im Beispiel Emmenspitz könnte so der gesamte Wärmebedarf von 600 EFH (14'182 kW pro Tag) gedeckt werden. Da das Wärmepotenzial im Abwasser mehr oder weniger konstant, der Wärmebedarf aber von der Jahreszeit stark abhängig ist, wir in bereits umgesetzten Liegenschaften nur ein Grundbedarf durch AWRG gedeckt (z.B. Eigentümer Gemeinschaft Seegarten in Uster sind es 70%). Der Rest kann konventionell oder mit alternativen Heizmethoden bereitgestellt werden.



Reflektion zum eigenen Lernprozess
Die Auseinandersetzung hat mir mehr Verständnis für das Potential und die Probleme, die der Technologie innewohnen. Es scheint mir, trotz grossem Potenzial sind die Informationen über AWRG undurchsichtig und harte Fakten nur sehr schwierig zu finden. Die Varianten der AWRG knüpfen an den Diskurs über zentral oder dezentral Organisierte Infrastruktur. Das Autarke Gebäude scheint mir länger wie mehr als durchaus gangbaren Weg – wohl mit seinen Vor- und Nachteilen.



Quellenverzeichnis:
1) www.wikipedia.org
2) Schulungsunterlagen AWRG (Herausgeber: FEKA-Energiesysteme)
3) Heizen und Kühlen mit Abwasser, Ratgeber für Bauherrschaften und Gemeinden(Herausgeber: EnergieSchweiz für Infrastrukturanlagen)
4) www.viaGialla.ch

5) Wärmerückgewinnung aus Abwasser – Potentialerhebung im Rahmen des GEP, gwa

1 Comments:

Blogger Haustechnik HSZ-T said...

Gratuliere zu dieser Arbeit. Sie haben die Aussage viaGialla zur AWRG gut aufgenommen, auch kritisch hinterfragt und dabei verschiedene Lösungsansätze aufgezeigt. Mühe hatte ich nur im ersten Abschnitt, der mir ein bisschen schwer verständlich scheint (AWRG Sinnvoll).
Note: 5.5

5:22 AM

 

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