Montag, Dezember 24, 2007


Hochwasserschutz mit Hilfe von Haustechnik

Diesen Sommer starteten die Bauarbeiten für ein Behindertenwohnheim in der näheren Umgebung eines Dorfbachs. Unser Büro war mit der Realisation des Baus betraut worden.Das Projekt sah im Untergeschoss eine offene Loggia vor. Das Terrain sollte in Form eines kleinen „Amphitheaters“ an die Loggia herangeführt werden.





Während des Aushubs beobachtete der Tiefbauer aus Eigeninitiative den Wasserstand im Piezzometerrohr. Bereits nach einigen Arbeitstagen fragte er nach, ob wir uns eines Grundwasserpiegels im Bereich der Aushubsohle bewusst seinen.


Da ein Geologisches-, Hydrologisches Gutachten vorhanden war, nahm ich dieses zur Hand und machte mich schlau. Der Bericht war speziell für das vorhandene Projekt erstellt worden und die diesbezüglichen Angaben lagen dem Geologen vor. So nannte er auch eine wahrscheinliche, durchschnittliche Grundwasserhöhe mit einer Meereskote, ohne diese aber in Bezug zum Gebäude zu setzen. So lässt es sich erklären, aber nicht entschuldigen, warum wir nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt eine Projektänderung bei der Architektin und der Bauherrschaft beantragt hatten.

Wegen der starken Regenfälle im Frühjahr und der relativen Nähe zu einem Bach war die Bauherrschaft auf das Thema Hochwasser sensibilisiert worden. Sie beauftragte uns mit der Überprüfung des Baus hinsichtlich des Gebäudeschutzes. Wir zogen zu diesem Zweck einen unabhängigen Berater bei, welchen die Kantonale Gebäudeversicherung uns empfahl.

Der Berater beschrieb uns drei mögliche Hochwasserszenarien, welche abgeklärt werden müssten:

- Fliessgewässer, welche über die Ufer treten könnten.

- Oberflächenwasser, welches sich bei Höchstregenfällen bilden kann.

- Grundwasser, welches bei Höchstständen aus dem Terrain hervortreten kann.

Die Abklärungen ergaben folgendes:

Auf Grund von Schadenereigniskatastern konnte eine Gefährdung durch Fliessgewässer für unser Gebäude relativ rasch ausgeschlossen werden. So konnten die Hauptbedenken der Bauherrschaft beruhigt werden.

Berechnungen mit regionalspezifischen Regendaten und deren Analysen durch den Geologen zeigten, dass insbesondere wegen dem „Amphitheater“ Schäden bei Höchstregenfällen, ohne Gegenmassnahmen wahrscheinlich seien.

Die weitere Beobachtung des Piezzometerrohrs und Nachfragen bei kommunalen Brunnenmeistern ergaben, dass wir tatsächlich ein sehr hohes Risiko bezüglich des Grundwasserspiegels bei Höchststand haben.

Bei einem Treffen mit unserem Berater und unserem Haustechnikfachplaner wurden unsere Abklärungen eingehend besprochen. Der Haustechniker wurde beigezogen, weil in unmittelbarer Nähe des „Amphitheaters“ eine Regenwasser-Versickerungsanlage von unserem Bau vorgesehen war. Diese würde zusätzlich dann Wasserlast bringen, wenn ohnehin kritische Verhältnisse herrschen würden.Da eine komplette Projektänderung zu diesem Zeitpunkt nur noch mit enormem Aufwand möglich gewesen wäre, entschied man sich, mit konstruktiven und haustechnischen Mitteln auf die Situation zu reagieren.

Konstruktive Massnahmen:

1. Brüstungshöhen der Fenster im UG (neben Loggia) werden nicht Bodeneben, sondern 0.5m über vermuteter Grundwasser-Höchststand.

2. Schutzmauer vor Loggia bis 0.5m über vermuteten Grundwasser-Höchststand.

3. Durchgang in der Schutzmauer lässt sich mit speziellen Dämmbalken verschliessen.

Haustechnische Massnahmen:

4. Die Versickerungsanlage wurde mit einer Pumpe im Notbetrieb an die öffentliche Schmutzwasserkanalisation angehängt.

5. Vor der Schutzmauer (Loggia) wurde eine Entwässerungsrinne mit einem separaten Sickerbecken eingerichtet. Dieses wurde ebenfalls mit einer Pumpe an die Kanalisation angeschlossen.

6. Innerhalb der Loggia wurde ein Pumpensumpf für ausgebildet, in welchen der Hauswart oder die Feuerwehr Handpumpen setzen könnten.

7. Im „Amphitheater“ wurden mehrere Drainageleitungen gesetzt, welche das Oberflächenwasser schnell fassen und hinter das Gebäude zur Versickerung leiten sollten. Hier kommt uns der Umstand zugute, dass Regenspitzen und hohes Grundwasser meistens zeitlich versetzt auftreten.So glauben wir nun mit den konstruktiven und den Haustechnischen Massnahmen unser Möglichstes getan zu haben um das Gebäude vor Hochwasser zu schützen.




Mein Fazit

Man kann mit Haustechnischen Anlagen bedingt Gebäudeschutz betreiben, ich bezweifle aber, dass dies Sinnvoll ist. In Zukunft werde ich bei jedem Gebäude diesbezügliche Abklärungen machen, solange eine Projektänderung noch ohne weitere Probleme möglich ist.Haustechnik ist und bleibt Technik und Technik ist anfällig auf Störungen, besonders in Extremsituationen. In diesem Fall wäre der Ausfall einer oder mehrer Pumpen sehr Verhängnisvoll für das Gebäude.

24.12.2007 martin brunschwiler

1 Comments:

Blogger Haustechnik HSZ-T said...

Spannender Bericht, klar und verständlich Zusammengefasst, gratuliere! In der Reflexion hätte ich mir noch konkretere Überlegungen gewünscht, z.B: Regenwasser in Bach führen, Erdverlegter Regenwassertank als Massnahme zur Retention.
Note: 5.5

4:37 AM

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home